Auszüge aus einer Publikation des Autors Frank.G.Winkler (Zitate sind mit Quellenangabe jedermann erlaubt) 

Nutzungsausfall, Nutzungsausfallschaden, mangelbedingter Betriebsausfallschaden

Ein Nutzungsausfallschaden als Spezialform des Betriebsunterbrechnungsschadens tritt bereits ein und ist z.B. gutachterlich zu berechnen, soweit ein wesentlich zum Erwerb dienenendes Wirtschaftsgut (auch ein KFZ) beschädigt wurde und kein sofortiger Ersatz möglich war.

Nutzungsschaden, ist auch die Einbuße, die geltend gemacht wird, die in der Beeinträchtigung der Möglichkeit liegt, die Sache zu gebrauchen (vgl. BGH Urteil vom 9. März 1976 aaO S. 584).

Beispielhaft beschreibt ein Urteil des LG Gera, dass der entgangene Verdienst zu ersetzen ist, der entsteht, da ein zum Erwerb dienendes Fahrzeug ereignisbedingt nicht zu gebrauchen war, vorliegend über die gesamte Reparaturdauer.

Nutzungsausfallschaden unabhängig von Verzug

Den wegen einer mangelhaften Sache entstandenen Nutzungsausfallschaden kann der am Vertrag festhaltende Käufer nach § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB ersetzt verlangen (BGH 19.06.2009, V ZR 93/08): Das Grundsatzurteil stärkt die Position von mangelhaft belieferten Käufern. Denn die Ersatzpflicht des Verkäufers tritt unabhängig von einem Verzug bereits mit Entstehung des mangelbedingten Ausfallschadens ein. Auch wenn der Mangel behebbar ist, muss der am Vertrag festhaltende Käufer keine Frist zur Nacherfüllung setzen, bevor er Schadenersatz wegen der Unbenutzbarkeit verlangen kann, vorausgesetzt, es handelt sich (wie in concreto) um einen Schadenersatz neben der Leistung (§ 280 Abs. 1 BGB), nicht statt der Leistung nach § 280 Abs. 3 i.V.m. § 281 BGB

 

 

Der Begriff des sogenannten mangelbedingten Betriebsausfallschadens bezeichnet diejenigen Vermögenseinbußen, die einem Käufer oder Werkbesteller auf Grund:

  1. der Lieferung von einer mit einem Sachmangel behafteten Kaufsache
  2. oder eines mangelhaften Werks (§§ 434, 633 BGB 1)

entstehen, weil er diese in seinem Betrieb mindestens zeitweise nicht plangemäß nutzen kann.

Als hierdurch bedingte mögliche Schadensposten lassen sich dabei in erster Linie:

  • Produktionsausfälle,
  • hierdurch begründete Vertragsstrafen zu Lasten des Gläubigers sowie
  • schadhaft hergestellte Zwischen- und Endprodukte,
  • aus der Mangelhaftigkeit der gelieferten Sache resultierende Schäden an anderen bereits vorhandenen Rechten und Gütern des Gläubigers benennen.


Mit Beschluss vom 09.07.1986 - GSZ 1/86
- ( ) hat der Große Senat grundsätzlich festgelegt, dass bei der Beschädigung einer Sache der Geschädigte unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Nutzungsausfall geltend machen kann:

Das Bürgerliche Gesetzbuch hat für das Schadensrecht die Begriffe Vermögen und Vermögensschaden nicht festgelegt, sondern sie Wissenschaft und Praxis zur Ausbildung überlassen. Im allgemeinen ermittelt der Bundesgerichtshof, wie vor ihm schon das Reichsgericht, Vermögensschäden am subjektbezogenen Zuschnitt des betroffenen Gesamtvermögens nach der Differenzmethode durch einen rechnerischen Vergleich der durch das schädigende Ereignis eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte (BGHZ 27, 181, 183 f; 40, 345, 347; 75, 366, 371; 86, 128, 130).

Zutreffend weist der Vorlagebeschluß darauf hin, daß in einer am Vermögensbestand ausgerichteten Differenzrechnung der zeitweise Verlust des Eigengebrauchs der Sache selbst nicht ausgewiesen ist. In dieser Rechnung schlägt sich die Entwertung der Sache für ihren Gebrauch, wenn keine Kosten für eine Ersatzsache entstehen, nur in einem Gewinnentgang bei verhindertem erwerbswirtschaftlichem Einsatz und in den durch den Sacheinsatz sonst abgewendeten Kosten und Verbindlichkeiten nieder.

a) Indes hat sich in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Erkenntnis durchgesetzt, daß die Differenzmethode als wertneutrale Rechenoperation nicht davon enthebt, am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes die in die Differenzbilanz einzusetzenden Rechnungsposten wertend zu bestimmen. In diesem Sinn ist die Differenzmethode, die im übrigen ebenfalls nicht im Gesetz festgeschrieben ist (Larenz, Festschrift für Nipperdey aaO 500), normativ eingebunden (vgl. BGHZ 50, 304, 306 - GSZ). Zwar drückt sich ein Vermögensschaden in der Differenzbilanz stets als Minderung von Aktiv- oder Vermehrung von Passivposten aus; es ist aber Aufgabe rechtlicher Bewertung, die Parameter der Bilanz für den Zweck des Schadensausgleichs mit festzulegen.

b) Eine auf den Ausgleich von Vermögensschäden ausgerichtete Differenzrechnung kann nicht außer Acht lassen, daß Wesen und Bedeutung des Vermögens sich nicht in dessen Bestand - dem "Haben" - erschöpfen, sondern daß sie auch die im Vermögen verkörperten Möglichkeiten für den Vermögensträger umfassen, es zur Verwirklichung seiner Lebensziele zu nutzen (so schon v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, 1840, Bd. 1, 339; v. Tuhr, Der allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, 1910, Bd. 1, 313; Kohler, ArchBürgR 12 (1897), 1 ff). Diese funktionale Zuweisung ist im vermögenswerten Recht mitgeschützt.

Erfaßte bei einem deliktischen Eingriff in dieses Recht der Schadensausgleich für die Verkürzung der Nutzungsmöglichkeit - weil nur auf den Zufluß von Geld sehend - im wesentlichen nur Ausfälle im erwerbswirtschaftlichen Einsatz des Vermögens, so ginge er daran vorbei, daß das Vermögen nicht nur diesen Einsatz eröffnet, sondern daß auch sein eigenwirtschaftlicher Einsatz "Ertrag" bringende vermögensmäßige Aktivierung ist, deren Verkürzung in vergleichbarer Weise die wirtschaftliche Sphäre des Vermögensträgers betreffen kann, obschon sie sich nicht in einem Gewinnentgang ausdrückt.

So ist auch für den privaten Benutzer sein Kraftfahrzeug nicht nur oft der gewichtigste Bestandteil seines Vermögens, sondern die Einsatzfähigkeit des Fahrzeugs ist häufig die Grundlage für die Wirtschaftlichkeit seiner hierauf zugeschnittenen Lebenshaltung, insbesondere wenn er als Berufstätiger auf das Kraftfahrzeug angewiesen ist. Umsomehr beruht die Entscheidung, den Wohnbedarf über ein Eigenheim zu decken, vorrangig auf Wirtschaftlichkeitserwägungen.

Der Markt bewertet die Eignung derartiger Wirtschaftsgüter gerade auch für den eigenwirtschaftlichen Einsatz im Preis und registriert deren zeitweisen Verlust als zeitweise Entwertung der Sache. Korrespondiert diese, weil der Geschädigte in der Ausfallzeit auf die Sache angewiesen war, mit einer spürbaren Beschränkung in seiner eigenen Wirtschaftshaltung, so ist das nur für eine ausschließlich auf die monetäre Vermehrung oder Verminderung des Vermögens sehende Rechnung ohne Vermögensrelevanz. Von Wesen und Bestimmung des Vermögens her ist eine solche Betrachtungsweise nicht zwingend geboten.

2. Hierzu zwingt auch § 252 BGB nicht.

Bei erwerbswirtschaftlichem, produktivem Einsatz der Sache wird die Verkürzung ihres Nutzungswerts im wesentlichen durch einen Gewinnentgang ausgewiesen, dessen Ersatz § 252 Satz 1 BGB ausdrücklich anordnet. Diese Vorschrift unterstreicht die schadensrechtliche Bedeutung, die der Gesetzgeber Ausfällen im erwerbswirtschaftlichen, vermögensmehrenden Einsatz von Wirtschaftsgütern beigemessen hat; eine entsprechende Vorschrift für die eigenwirtschaftliche Nutzung des Vermögens fehlt. Hieraus kann indes nicht mit dem vorlegenden Senat gefolgert werden, daß das Gesetz sich gegen den Geldersatz für Einbußen im eigenwirtschaftlichen Einsatz dieser Wirtschaftsgüter, die sich nicht in einem Gewinnentgang niederschlagen, entschieden hat. § 252 BGB stellt in erster Linie klar, daß - in Abkehr von früheren Kodifikationen - das ganze, nicht nach Verschuldensformen abgestufte Vermögensinteresse dem Schadensausgleich zuzuführen ist (Mot. II 17 f = Mugdan, Materialien zum BGB Bd. II 10); insoweit verwirklicht die Vorschrift den Grundsatz des vollen Schadensausgleichs, der sich aus § 249 BGB ergibt. In dieses Konzept ordnet sich auch § 252 Satz 2 BGB ein, den die Rechtsprechung bisher durchweg nur in der Bedeutung einer Beweiserleichterung betrachtet hat mit seinem auch von § 287 ZPO verfolgten Ziel, den Geschädigten wegen dieser oft schwer nachzuweisenden Schäden nicht nur auf einen Mindestersatz zu verweisen (BGHZ 29, 393, 398; 74, 221, 224 m.N.). Eine Fortentwicklung des an der produktiven Nutzung orientierten Gesetzes, die einen den Sacheinsatz zu Erwerbszwecken vergleichbaren eigenwirtschaftlichen Gebrauch der Sache in den Ausgleich von Vermögensschäden einbezieht, muß nicht zu der vom vorlegenden Senat befürchteten beweismäßigen Privilegierung des Geschädigten führen, wenn gewährleistet bleibt, daß der Ersatz nicht zur abstrakten Nutzungsentschädigung wird, die das Bürgerliche Gesetzbuch nur ausnahmsweise zuläßt (§§ 288, 290, 849 BGB). Die Rechtsprechung zur Nutzungsentschädigung für Kraftfahrzeuge hat dazu mit dem Begriff des "fühlbaren" Schadens an den Ersatz das Erfordernis geknüpft, daß der Geschädigte das Fahrzeug ohne das schädigende Ereignis auch wirklich gebraucht hätte, also zur Nutzung willens und fähig gewesen wäre. Diese auf andere Wirtschaftsgüter übertragbare Einschränkung eröffnet dem Schädiger eine vergleichbare beweismäßige Stellung, wie sie ihm gegenüber Ersatzansprüchen aus erwerbswirtschaftlichen Einbußen eingeräumt ist, und stellt hinreichend sicher, daß auch der Geldersatz für Verluste im eigenwirtschaftlichen Einsatz der Sache ungeachtet von Notwendigkeiten zu seiner Typisierung und Pauschalierung einer konkreten, auf das jeweils betroffene Vermögen bezogenen Schadensbetrachtung verhaftet bleibt.

...

Prinzipiell ungeeignet ist eine Bemessung des Schadensersatzes daran, was den Eigentümer die Überbrückung der Ausfallzeit durch die Anmietung einer Ersatzsache gekostet haben würde, weil es nicht um das Reparationsinteresse, sondern um das Kompensationsinteresse geht. Dieses bemißt sich nicht danach, was der Eigentümer an Kosten erspart, weil er seinen Bedarf mit seiner Sache befriedigen kann, sondern danach, was die Einsatzfähigkeit der Sache für den Eigengebrauch dem Verkehr Geld wert ist. Auch kann der Eigentümer nicht verlangen, so entschädigt zu werden, wie wenn er den Gebrauch der Sache dem Schädiger gegen Entgelt überlassen hätte. Eine derartige Schadensbemessung kann zwar in Sonderbereichen durch einen spezifischen Interessenkonflikt gerechtfertigt sein, sie entspricht aber nicht allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen. Zu entschädigen ist der Gebrauchsverlust für eine eigenwirtschaftliche Verwendungsplanung, nicht der entgangene Gewinn aus einer entgeltlichen Gebrauchsüberlassung an einen Dritten, die der Eigentümer gar nicht beabsichtigt hat.

Indes können der Schadensbemessung Wertmaßstäbe des Verkehrs für eine entgeltliche Gebrauchsüberlassung zugrundegelegt werden, sofern diese von den spezifisch die erwerbswirtschaftliche Nutzung betreffenden Wertfaktoren zuverlässig bereinigt werden können. Auch die anteiligen Vorhaltekosten für den entzogenen Gebrauch (angemessene Verzinsung des für die Beschaffung der Sache eingesetzten Kapitals, weiterlaufende Aufwendungen für die Einsatzfähigkeit der Sache, Alterungsminderwert für die gebrauchsunabhängige Entwertung der Sache in der Zeit ihres Ausfalls) können eine geeignete Grundlage für die Schadensbemessung sein. Entgegen der Auffassung des vorlegenden Senats erscheint es in diesem Zusammenhang auch nicht unzulässig, durch einen maßvollen Aufschlag auf die vom Markt regelmäßig als Untergrenze für den Gebrauchswert angesehenen Gemeinkosten dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die Ausstrahlungen des Ausfalls derartiger Wirtschaftsgüter auf das mit ihnen verflochtene Gesamtvermögen in ihren Vereinzelungen sich einer genauen Feststellung entziehen.

Die aufgezeigten Bewertungsmöglichkeiten schließen aber andere geeignete Bewertungsmethoden nicht aus."